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Entstehung von Durchblutungsstörungen , Entwicklung und ihre Behandlung


Es ist gar nicht so lange her, da dachte man, dass Gefäßkrankheiten nur bei älteren Menschen auftreten. Inzwischen beweist uns der Alltag, dass viele Menschen, die mit ihren Gefäßen Probleme bekommen, alles andere als älter sind. Das gilt sowohl für Gefäßkrankheiten der Arterien als auch für Venenerkrankungen. Wichtig ist, dass man überhaupt daran denkt, dass auch Gefäßerkrankungen die Ursache von Beschwerden sein können, denn die Diagnose ist in der Regel mit relativ einfachen Mitteln schmerzfrei zu stellen.

Die moderne Medizin kann große Erfolge bei der Gesundheitsvorsorge und Heilung von Krankheiten nachweisen. Die Menschen werden älter, die Lebenserwartung ist angestiegen. Parallel dazu steigen die typischen Erkrankungen der Zivilisation und des Alters an, die noch vor hundert Jahren kaum eine Rolle spielten.

Herz- Kreislauferkrankungen sind Zivilisationskrankheiten, deren Ursache häufig eine Arteriosklerose ist. Der Gefäßkreislauf im gesunden Körper ist unser Transportsystem, das die Körperzellen mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und die Stoffwechsel - "Schlackenstoffe" entfernt. Die Pumpe ist das Herz, die Gefäße sind das Rohrsystem und das Transportmittel ist das Blut.

Wenn innerhalb des Gefäßsystems ein Engpass oder sogar ein Verschluss entsteht, kommt es zum Nachlassen und schließlich zum kompletten Versagen der Blutversorgung in der betroffenen Organregion und damit zum zunehmenden Funktionsverlust.

Herz-Kreislaufprobleme und gleichzeitige Durchblutungsstörungen der Beine sind häufig, die Zahl der Betroffenen nimmt stetig zu. Schlaganfall, Herzinfarkt und Raucherbein sind die bekanntesten Folgen einer Durchblutungsstörung, denn empfindliche Organe wie Herz und Gehirn (benötigen viel Sauerstoff) leiden am schnellsten unter einer Minderversorgung mit den Folgen von Herzinfarkt und Schlaganfall.

Aber auch an anderen Regionen kommt es zu dramatischen Funktionseinschränkungen: So spricht man von peripherer arterieller Verschlusskrankheit (PAVK), wenn in den Arterien des Beckens und der Beine Einengungen oder Verschlüsse auftreten und daraus Durchblutungsstörungen resultieren. Diese Mangelsituation äußert sich häufig in kalten Füßen, später als Schmerz und kann schließlich zum Absterben von Gewebe führen, wenn nichts dagegen unternommen wird.

Auf vielen unserer Seiten erfahren Sie etwas über Entstehung, Chancen der Früherkennung, Minderung der Risiken und Behandlungsmöglichkeiten der Krankheit. Da es sich um eine chronische Krankheit handelt, die einen Patienten nicht mehr verlässt, sollen Sie lernen, mit der Krankheit umzugehen und die Lebensweise darauf einzustellen. Dann gelingt es Ihnen mit Ihrem Arzt gemeinsam am ehesten, die Auswirkungen der Krankheit zu lindern und ein Fortschreiten zu verhindern.



Raucherbein oder Schaufensterkrankheit ?

Bei den Durchblutungsstörungen der Arterien (Schlagadern) sind die Beine weit häufiger betroffen als die Arme. "Unmedizinisch" spricht man von Raucherbein oder Schaufensterkrankheit, wenn eine Verlegung (Gefässverschluss) eines Becken- oder Beingefässes durch eine Gefässverkalkung (Arteriosklerose) entstanden ist. Dabei kann jedes Becken- oder Beingefäss betroffen sein, es werden bei den Durchblutungsstörungen daher verschiedene Typen unterschieden: man spricht von Becken-, Oberschenkel- und Unterschenkeltyp. Diese Durchblutungsstörungen können in Abhängigkeit der Verschlussregion sehr unterschiedliche Beschwerden machen. Außerdem sind die Behandlungsverfahren von Gefässregion zu Gefässregion auch teilweise unterschiedlich. Neben den Gefässverschlüssen durch eine Gefässverkalkung kommen auch andere Ursachen infrage, eine entsprechende Abklärung ist wichtig, da die Behandlungsverfahren dann sehr verschieden sein können.

Durchblutungsstörungen haben sich in den letzten Jahrzehnten zu einer richtigen Volkskrankheit entwickelt. Man geht davon aus, daß allein in Deutschland jedes Jahr etwa 30 000 bis 35 000 Amputationen wegen Durchblutungsstörungen erforderlich werden. Dabei könnten allerdings viele Amputationen durch eine rechtzeitige Diagnose der Erkrankung und entsprechende Behandlung verhindert oder zumindest um Jahre verzögert werden. Entscheidend ist eine an das Ausmaß der Erkrankung adaptierte Behandlung, das Motto könnte lauten: Nicht zu viel und nicht zu wenig! Damit ist gemeint, daß die Langzeitprognose in das aktuelle Behandlungskonzept immer einbezogen werden muß.

Ursachen für die große Häufigkeit von Durchblutungsstörungen sind zum einen die gestiegene Lebenserwartung der Bevölkerung, zum anderen sind aber auch immer mehr jüngere Patienten von Gefässkrankheiten betroffen. So nimmt der Anteil von jungen Patienten im Alter zwischen 40 und 50 Jahren laufend zu. Gerade bei diesen Patieten liegen häufig auch andere Ursachen als eine "normale" Gefässverkalkung der Gefäßerkrankung zugrunde.



Wo treten Gefäßverschlüsse auf - welche Beschwerden machen sie?

In fast 90 % finden sich die Verschlüsse an den Beinen. Möglicherweise hat hier durch den aufrechten Gang der höhere Blutdruck eine ausschlaggebende Bedeutung. So addiert sich im Stehen bei einer Körpergröße von 170 cm ein hydrostatischer Druck von 100 mmHg zu dem im Liegen gemessenen systolischen Blutdruck von 120 mmHg unter normalen Bedingungen. Unterschiede in der Prognose und der Behandlung machen eine Einteilung der arteriellen Verschlußkrankheit in Abhängigkeit vom Ort des Gefäßverschlusses sinnvoll. Natürlich können beim einzelnen Patienten an verschiedenen Orten Gefäßverschlüsse auftreten, das kommt häufiger vor als der Befall nur einer Gefäßregion.


Symptome – langsam schleichend oder plötzlich?

Die Zeitdauer der Beschwerden bei Gefäßverschlüssen ist oft Hinweis für die zugrundeliegende Ursache. So finden sich bei Arteriosklerose eher langsam verlaufende Symptome über Monate oder Jahre, während entzündliche Gefäßwandveränderungen oftmals durch die rasch auftretende Entwicklung der Beschwerden charakterisiert sind. Ein plötzliches Auftreten von Symptomen läßt eine Embolie vermuten. Die Beschwerden sind abhängig vom Ort des Gefäßverschlusses und der Ernährungsstörung infolge des Ausmaßes der Durchblutungseinschränkung. Entsprechend werden verschiedene Stadien der arteriellen Verschlußkrankheit unterschieden. Bei Übernahme der Funktion durch andere Arterien ist bei Verschlüssen von Arterien nur ein Pulsausfall, gelegentlich auch nur eine Pulsabschwächung oder ein Seitenunterschied in der Pulswelle festzustellen, ohne daß Symptome einer Durchblutungsstörung zu erheben sind (Stadium I nach Fontaine). Gelegentlich kann aber auch, besonders bei älteren Patienten, das übliche Belastungsausmaß nicht ausreichen, um Beschwerden eines Verschlusses zu produzieren.

Ist die notwendige Blutversorgung bei Belastung nicht mehr gewährleistet, so entwickelt sich eine entsprechende Symptomatik (Stadium II nach Fontaine). Art und Ort der Beschwerden sind von dem Ort des Gefäßverschlusses abhängig. Am häufigsten ist die Arterie des Oberschenkels betroffen, so ist das bekannteste Symptom der arteriellen Verschlußkrankheit der immer wieder auftretende Wadenschmerz, die sog. Claudicatio intermittens als Ausdruck der Schaufensterkrankheit. Nach einer beschwerdefreien Gehstrecke macht sie sich zuerst in der Form eines leichten Ziehens in der minderversorgten Wadenmuskulatur bemerkbar, welches bei weiterer Belastung jedoch so zunimmt, daß die Schmerzen zum Stehenbleiben zwingen. Nach einem belastungsfreien Intervall kann der Patient wiederum eine weitere schmerzfreie Distanz zurücklegen. Die Länge dieser Wegstrecke wird als "schmerzfreie Gehstrecke" bezeichnet, sie ist ein wichtiges Kriterium in der Beurteilung des Gefährdungsgrades eines Beines.


Wie äußert sich ein akuter Gefässverschluss?

Das Ausmaß der Durchblutungsstörung richtet sich nach Ort und Länge des Gefäßverschlusses sowie nach dem Vorhandensein ausgebildeter Umgehungsgefässe, sog Kollateralen. In einem gesunden Gefäßsystem kann z.B. ein kurzstreckiger embolischer Verschluß der Oberschenkelarterie bereits zum Absterben der Unterschenkelmuskulatur führen, da die Ausbildung von Umgehungsbahnen länger dauert als die tolerierte Zeit einer Mangeldurchblutung der Muskulatur. Andererseits ruft ein langstreckiger Verschluß der Oberschenkelarterie auf dem Boden einer vorbestehenden chronischen Einengung oft nur eine geringe klinische Symptomatik hervor, da die Umgehungsgefaesse -Kollateralen- bereits weitgehend ausgebildet ist. Der Verlauf eines akuten Gefäßverschlusses mit seinen Auswirkungen auf das Gewebe kann somit nie mit Sicherheit vorausgesagt werden und sollte daher unbedingt vom Gefaessexperten überwacht werden.

Klinische Beschwerden reichen vom geringen bis zum kompletten Nervenausfall (völlige Parese der Gliedmaße). Zur Beurteilung des Verlaufes ist neben dem aktuellen Befund auch die Zeitdauer zwischen dem akuten Verschluß und der aktuellen Symptomatik zu berücksichtigen. Die Situation kann sich bis zur kompletten Mangeldurchblutung steigern oder durch spontane Ausgleichsmechanismen auch wieder verflüchtigen.

Die Verengung der Herzkranzgefäße führt zu Angina pectoris oder Herzinfarkt bei völligem Verschluß eines Gefäßes (Herzbeschwerden).

Durchblutungsstörungen im Gehirn führen zu nachlassenden Hirnfunktionen, z.B. Gedächtnisstörungen, Schwindel, Verwirrtheit (volkstümlich Verkalkung). Je nachdem welche Hirnregion betroffen ist, können aber auch andere Ausfallserscheinungen an anderen Körperstellen, z.B. Gefühllosigkeit in Armen oder Beinen oder Sehstörungen hervorgerufen werden. Ist die Gefäßverengung sehr stark oder wenn ein Hirngefäß platzt, kann es zu einem Schlaganfall kommen. Unterschieden werden Gefäßveränderungen außerhalb des Kopfes im Halsbereich und an Gefäßen im Kopf.


Wie stellt der Arzt die Diagnose einer Durchblutungsstörung?

Am Anfang jeder Diagnose steht das ärztliche Gespräch. Aus der Beschreibung des Beschwerdebildes können vielfach bereits wichtige Rückschlüsse auf Durchblutungsstörungen gewonnen werden. Der Arzt wird bei typischen, insbesondere bei belastungsabhängigen Beschwerden immer an eine Durchblutungsstörung der Arterien denken. Allerdings können auch neurologische oder orthopädische Krankheiten oft ähnliche Krankheitszeichen verursachen, wie sie für die Schaufensterkrankheit typisch sind.

Das Tasten der Fußpulse und das Abhören der Arterien mit dem Stethoskop bestätigen häufig schon die Verdachtsdiagnose. Allein durch die sorgfältige Pulstastung und Gefäßuntersuchung mit dem Stethoskop gelingt es in den meisten Fällen, eine arterielle Verschlußkrankheit nachzuweisen und den Ort des Gefäßverschlusses zu bestimmen. Das Tasten der Pulse wird mit dem zweiten, dritten und vierten Finger durchgeführt, da der Daumen die geringste Tastempfindlichkeit aufweist. Sind bei geringem Auflage-druck der Finger keine Pulsationen zu tasten, so sollte der Druck langsam gesteigert werden. So hört man über einer offenen Schlagader auch mit dem besten Stethoskop kein Geräusch. Ist aber eine Einengung in der Schlagader vorhanden, so hört man über dem Gefäß ein pulssynchrones pfeifendes Geräusch. Diese Wirbelbildungen sind in aller Regel gut hörbar, vor allem nach einer Belastung der Gliedmaßen, z.B. nach Zehenstandsübungen oder nach dem Gehen einiger Schritte.

Mit einem speziellen Meßgerät und anhand aufblasbarer Manschetten können die Pulsschwankungen (Oszillogramm) durch das einströmende Blut sichtbar gemacht werden. Durch die verschiedene Positionierung der Pulsmanschetten an beiden Beinen im Bereich der Ober- und Unterschenkel sowie auf dem Fußrücken, läßt sich die Verschlußlokalisation ermitteln (Stufenoszillographie).

Ferner kann der bei Verschlußkrankheit verminderte Blutdruck in den Bein- und Knöchelarterien mittels der sog. Ultraschall- Doppler - Methode dokumentiert werden. Es handelt sich dabei um eine völlig schmerz-und nebenwirkungsfreie Untersuchungsmethode, mit der das Ausmaß einer Durchblutungsstörung genau objektiviert werden kann.